Führungskräfte stehen heutzutage vor ständig neuen Herausforderungen, die von den exponentiell zunehmenden Fähigkeiten von KI über deren rasant steigende Akzeptanz bis zu globalen äußeren Faktoren reichen. Nur eines hat sich nicht geändert: Das wichtigste Kapital eines Unternehmens sind die Menschen. Ein genauer Blick auf die Mitarbeitererfahrung und -einbindung zeigt, wie wichtig es für Arbeitgeber ist, eine Kultur aufzubauen, in der sich Menschen entfalten können.
Antonia Cusumano, die bei PwC eine leitende Funktion im Bereich Workforce Transformation innehat, hilft Unternehmen aus aller Welt, ihre Geschäftsziele zu erreichen. Das gelingt durch Ausschöpfen des vollen Mitarbeiterpotenzials. Vor Kurzem hat sie sich bei unserem Work Transformation Summit mit Aparna Bawa, Chief Operating Officer bei Zoom, zusammengesetzt, um über Dynamiken in der Belegschaft, den konkreten Preis unmotivierter Mitarbeiter und unverzichtbare Führungsqualitäten von heute und morgen zu sprechen.
Wir setzen die Unterhaltung mit Antonia fort und besprechen folgende Themen:
- Wie können Unternehmen eine Kultur des Vertrauens schaffen und verlorenes Vertrauen zurückgewinnen?
- Wie lässt sich die Weiterentwicklung von Mitarbeitern über deren Performance hinaus messen und fördern?
- Wie prägt KI die Arbeitswelt und was sollten Unternehmen für einen erfolgreichen Einsatz von KI beachten?
- Welcher Führungsqualitäten bedarf es für den Umgang mit den besonderen Herausforderungen und Megatrends, die unsere Welt prägen?
Lesen Sie weiter, um Antworten auf diese Fragen zu erhalten.
Vertrauen ist ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur. Doch wie können Unternehmen eine Kultur des Vertrauens aufbauen?
Jedes Unternehmen wünscht sich eine Kultur des Vertrauens. Es gibt aber kein Patentrezept, um dieses Ziel zu erreichen. Zunächst sollten Sie sicherstellen, dass die Strategie, Abläufe und Kultur Ihres Unternehmens im Einklang sind. Nur so können diese Elemente einander und Ihre Geschäftsziele unterstützen.
Dann können Sie Verhaltensweisen priorisieren, die eine solche Kultur fördern, und im gesamten Unternehmen klare, einheitliche Erwartungen in Hinblick auf dieses Verhalten festlegen.
Richten Sie Kanäle, bei denen Mitarbeitern aktiv zugehört wird. So können Sie in Echtzeit positives und negatives Feedback einholen. Darüber hinaus sollten sich Führungskräfte bemühen, den Mitarbeitern Vertrauen zu vermitteln, insbesondere bei Einführung neuer Richtlinien oder Änderungen. Mit klaren Begründungen für organisatorische Entscheidungen können Führungskräfte Vertrauen fördern und sowohl die Produktivität als auch die Motivation hoch halten.
Wie können Unternehmen, die mit einem Vertrauensverlust seitens der Mitarbeiter zu kämpfen haben, Vertrauen zurückgewinnen?
Ein Vertrauensverlust der Mitarbeiter kann auf zweierlei Weise entstehen: durch ein großes, unternehmensweites Ereignis, das das Vertrauen zerstört, oder durch kleinere Geschehnisse, die möglicherweise gar nicht weiter auffallen.
Große vertrauenszerstörende Ereignisse kommen häufiger vor, als Führungskräfte denken. Möglicherweise haben Führungskräfte und Mitarbeiter auch unterschiedliche Vorstellungen davon, wie ein solches Ereignis aussehen kann. Laut einer Studie von PwC sagen nur 20 % der Führungskräfte, dass es in ihrem Unternehmen ein vertrauensschädigendes Ereignis gab. Allerdings haben mehr als die Hälfte der Mitarbeiter (54 %) nach eigenen Angaben schon mal so einen Vorfall erlebt.
Bei größeren Ereignissen, die das Vertrauen untergraben, ist die Lösung in der Regel einfach: Übernehmen Sie die Verantwortung und entschuldigen Sie sich. Geben Sie den Schwarzen Peter nicht weiter, verhalten Sie sich nicht defensiv und suchen Sie keinen Sündenbock. Benennen Sie klar die Faktoren, die zu dem Vorfall beigetragen haben, und erklären Sie, wie Sie Richtlinien, Abläufe oder Verhaltensweisen ändern werden, damit so etwas nicht wieder passiert.
Kleinere Geschehnisse, die das Vertrauen allmählich schwinden lassen, können Führungskräfte wettmachen, indem sie sich mit den alltäglichen persönlichen Erfahrungen befassen, die für die Mitarbeiter besonders wichtig sind. Untersuchen Sie, wo es zu Ungerechtigkeit oder Fehlverhalten kommen kann, bemühen Sie sich noch stärker, den Mitarbeitern zuzuhören und fördern Sie Feedback auf allen Ebenen.
Was ist der Unterschied zwischen Performance und Weiterentwicklung, und wie können Arbeitgeber die Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter fördern?
Bei der Performance geht es um vergangene und aktuelle Leistungen eines Mitarbeiters. Bei der Weiterentwicklung geht es um die Zukunft – das Potenzial einer Person, mit der Zeit zu wachsen.
Bei PwC messen wir die Performance, indem wir die Verhaltensweisen bewerten, die von einem Mitarbeiter auf seiner aktuellen Stufe erwartet werden. Wenn wir die Weiterentwicklung bewerten, konzentrieren wir uns auf die Verhaltensweisen, die von einem Mitarbeiter auf seiner aktuellen und nächsten Stufe erwartet werden.
Arbeitgeber können die Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter durch folgende Maßnahmen fördern:
- Vorgabe einer klar definierten Laufbahn mit der Option, sich je nach den aktuellen und angestrebten Fähigkeiten des Mitarbeiters auf mehr als einen bestimmten Weg zu konzentrieren
- Angebot kontinuierlicher Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, die für die Mitarbeiter, das Unternehmen und makroökonomische Trends relevant sind
- Vorgabe klarer Erwartungen, wie sich Mitarbeiter weiterentwickeln können, und Möglichkeiten, um sich für bestimmte Positionen weiterzubilden. Dieses Maß an Transparenz kann den Mitarbeitern helfen, mehr über ihre eigene Laufbahn zu erfahren und Entscheidungen zu treffen, in welche Richtung sie sich im Laufe der Zeit weiterentwickeln wollen.
- Kontinuierliche Coaching-Gespräche. Bei PwC haben wir mit dem 2+2-Coaching-Modell für Mitarbeiter vierteljährliche Coaching-Gespräche mit den jeweiligen Relationship Leadern (entspricht einem Karriere-Mentor) geführt, um Stärken und Entwicklungsbereiche zu ermitteln, die im Laufe des Jahres im Fokus stehen sollten.
- Zeitnahe Anerkennung und Auszeichnungen für Verhaltensweisen, die von Mitarbeitern erwartet werden, wenn sie aufsteigen wollen. Bei PwC fördern wir diese Verhaltensweisen über eine zentrale Plattform namens Rewards Central. Dort können Mitarbeiter das ganze Jahr über in Echtzeit für Leistungen belohnt werden, die zu ihrer Weiterentwicklung beitragen.
Welche Anwendungen von KI sehen Sie bei Unternehmen, die für die tägliche Arbeit der Mitarbeiter besonders effektiv oder nützlich sind?
Es gibt so viele Einsatzmöglichkeiten für KI, um Mitarbeitern die tägliche Arbeit zu erleichtern. Ganz allgemein wird generative KI genutzt, um Inhalte und Daten zu erstellen, zusammenzufassen, umzuwandeln oder abzufragen – und natürlich um zu chatten!
Aus der Sicht der Mitarbeiter bedeutet der Einsatz von KI, dass sie bei einer Schreibblockade nie mehr auf eine leere Seite starren müssen. KI kann den ersten Entwurf liefern oder beim Brainstorming helfen. Durch die Automatisierung von Routineaufgaben, wie Notizen oder Dateneingabe, kann sie Mitarbeitern ermöglichen, sich auf wichtigere Tätigkeiten zu konzentrieren. KI kann große Datensätze oder Inhalte analysieren und wertvolle Erkenntnisse liefern, mithilfe derer Mitarbeiter schnellere, fundiertere Entscheidungen treffen können.
Wir beobachten einige interessante Anwendungen von KI in Unternehmen:
- Den Einsatz auf das Unternehmen zugeschnittener Chatbot-Instanzen mit generativer KI, wie z. B. ChatGPT, die mit unternehmensspezifischen Wissensquellen ausgestattet sind, sodass Mitarbeiter Inhalte sicher und zweckmäßig erstellen, zusammenfassen und optimieren lassen können
- Die Entwicklung oder Implementierung KI-spezifischer Anwendungen zur Automatisierung von Abläufen, Datenanalysen und Codeerstellung
- Die Einbettung von KI-Funktionen in aktuelle Unternehmensanwendungen wie z. B. Salesforce
- Den Einsatz KI-gestützter Chatbots und virtueller Assistenten, die Mitarbeiter bei der Planung und der Organisation von Aufgaben unterstützen und ihnen Erinnerungen senden und so die Produktivität steigern
Welche Fehler oder Irrtümer unterlaufen Unternehmen bei der Einführung von KI (oder anderer neuer, transformativer Technologien) immer wieder? Wie lassen sich diese Fallstricke vermeiden?
Einer der häufigsten Fehler von Unternehmen bei der Einführung von KI oder anderer neuer, transformativer Technologien ist das Fehlen einer fundierten Strategie. KI-Initiativen sollten immer an den Geschäftszielen ausgerichtet werden, um sich nicht zu verrennen oder Ressourcen zu verschwenden. Die Gründe für die Investition in KI, die zu erreichenden Ziele und die damit verbundenen Chancen für die Mitarbeiter müssen ganz klar formuliert werden.
Darüber hinaus kann es zu verzerrten oder falschen Ergebnissen führen, wenn man sich zu sehr auf die KI verlässt und die menschliche Kontrolle vernachlässigt. Um Risiken einzudämmen und die angestrebten Vorteile zu erzielen, ist es wichtig, Parameter rund um die Nutzung von KI aufzustellen und sie verantwortungsvoll einzusetzen.
Ein weiterer Fehler besteht darin, bei Umsetzung der ersten Anwendungsfälle nicht auf eine zukunftssichere Architektur zu achten. Ist diese von Anfang an auf Skalierbarkeit und Flexibilität ausgelegt, lassen sich kostspielige Nachbesserungen in der Zukunft vermeiden.
Zu guter Letzt kann die Einführung misslingen, wenn das nötige Änderungsmanagement unterschätzt und ethische oder datenschutzrechtliche Bedenken ignoriert werden. Um all diese Herausforderungen zu meistern, ist es wichtig, Mitarbeiter in den Prozess einzubeziehen, sicherzustellen, dass Führungskräfte den Einsatz von KI verstehen und befürworten, und ethische Fragen zu berücksichtigen.
Mit welchen großen Herausforderungen sind Führungskräfte heutzutage konfrontiert? Und was zeichnet eine wirklich gute Führungskraft aus?
Die Welt steht vor einer Reihe nie dagewesener Herausforderungen. Die Auswirkungen der aktuellen Megatrends zwingen Unternehmen, sich neu zu erfinden, wenn sie überleben und erfolgreich sein wollen. Durch Megatrends wie KI, Lokalisierung und den Klimawandel müssen sich alle Unternehmen auf neue Grundannahmen und Arbeitsmodelle einstellen. Sie erfordern außerdem neue Formen von Wertschöpfung, Vertrauen und Risikomanagement. Unsere Kunden müssen ihre kompletten Geschäftsmodelle, Wertversprechen und Annahmen neu definieren. Die Unternehmensführung spielt bei diesem Prozess eine zentrale Rolle.
Erfolgreiche Unternehmen, die bei dieser massiven Transformation die Nase vorn haben, haben Führungskräfte, die verstehen, worauf es dabei ankommt, und die über die nötigen Fähigkeiten verfügen, um sie zu meistern.
Organisationen, die Verbesserungen anstreben, brauchen transformative Führungskräfte mit folgenden Qualitäten:
- Sie erfassen die Situation und überlegen auf dieser Grundlage, wie in diesem komplexen System Wertschöpfung gelingen kann.
- Sie setzen sich radikale Ziele, verpflichten sich zur Mitwirkung bei der Lösung schwerwiegender Probleme und zwingen ihre Organisation zu einer grundlegenden Transformation, um die Ziele zu erreichen.
- Sie erzielen die versprochenen Ergebnisse, indem sie sich persönlich an der Neustrukturierung des Systems beteiligen, damit die Organisation ihr aktuelles Know-how weiterentwickeln und ihre Ziele erreichen kann.
- Sie wirken als Katalysator, indem sie die zur Lösung des anzugehenden Problems erforderlichen Mitarbeiter mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten akquirieren und zusammenbringen.
- Sie motivieren sich und ihre Teams dazu, während der gesamten Transformation mitzuziehen, zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.
Weitere Erkenntnisse zu Mitarbeitereinbindung und Unternehmenskultur
Sehen Sie sich Tonis Gespräch mit Aparna oder auch unsere anderen Sitzungen an, in denen es um die Auswirkungen generationsübergreifender Dynamiken und neuer Technologien die Mitarbeitererfahrung geht.
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