Künstliche Intelligenz Vordenkerrolle

Die Sichtweise eines Ökonomen auf prädiktive KI und ihr Potenzial, ganze Branchen zu verändern

7 Minute Lesezeit

Aktualisiert am July 15, 2024

Veröffentlicht am September 08, 2023

Die Sichtweise eines Ökonomen auf prädiktive KI und ihr Potenzial, ganze Branchen zu verändern
Lauren Reed
Lauren Reed
Content Strategist

Wir müssen in unserem Alltag ständig Entscheidungen treffen: „Nehme ich einen Regenschirm mit?“ Wie entscheiden Sie sich bei 25 % Regenwahrscheinlichkeit? Wie entscheiden Sie sich, wenn Ihre Kleidung absolut nicht nass werden soll? 

Laut Ajay Agrawal, Ökonom, Professor und Co-Autor von „Prediction Machines: The Simple Economics of Artificial Intelligence“ (Prognosemaschinen – die simple Ökonomie von künstlicher Intelligenz), besteht jede Entscheidung aus Prognose und Bauchgefühl. Künstliche Intelligenz ist imstande, den Bestandteil „Prognose“ zu übernehmen und etwa die Regenwahrscheinlichkeit anzugeben. Am Ende sagen uns jedoch Erfahrungswerte und unser Gefühl, ob wir einen Regenschirm mitnehmen sollten. Wir wägen ab, ob wir lieber trocken bleiben oder lieber keinen Schirm mit uns herumtragen möchten.

Modelle künstlicher Intelligenz können aus riesigen Datenmengen Muster ableiten und exakte Prognosen ausgeben. Es besteht kein Zweifel daran, dass KI Personen beim Arbeiten unterstützen kann. Sie können produktiver und besser kollaborativ arbeiten sowie ihre Fähigkeiten weiterentwickeln. Wenn Unternehmen mithilfe von KI prädiktive Analysen generieren, kann sich das auf die Entscheidungsfindung in der Führungsetage auswirken, mit positiven Folgen für Kunden, Mitarbeiter und Geschäftsabläufe.

Ajay Agrawal war zuletzt Gast in unserer Webinarreihe „Work Evolved“, wo er über die Leistungsfähigkeit von KI und prädiktiven Analysen sprach. Wir haben das Gespräch über prädiktive künstliche Intelligenz mit ihm fortgeführt. Im Folgenden erfahren Sie, ob er ein Potenzial zum Verändern ganzer Branchen erkennt und welche Mitarbeiter seiner Meinung nach am meisten von prädiktiver KI profitieren können. 

Einige Menschen halten KI für intelligente Maschinen, Roboter, die wie Menschen reden und denken können. Wie denken Sie als Ökonom über künstliche Intelligenz?

Die künstliche Intelligenz unterstützt uns mit Prognosen. Bei Prognosen werden ausgehend von bekannten Informationen unbekannte Informationen generiert. 

Dadurch können Modelle generativer KI wie zum Beispiel ChatGPT mithilfe von Prognosen die menschliche Sprache nachahmen. Modelle generativer KI prognostizieren das nächste Zeichen oder Wort in einer Sequenz. Die erzeugte Nachricht kommt der Ausdrucksweise von Menschen sehr nahe. Ein anderes Beispiel ist die Betrugserkennung mithilfe von KI bei Banken. Hier werden anhand der Daten früherer Transaktionen und des bisherigen Nutzerverhaltens exakte Prognosen zu betrügerischen Käufen getätigt.

Es ist ein Grundprinzip der Wirtschaftswissenschaften, dass eine Sache mehr genutzt wird, wenn sie günstiger wird. Die zunehmende Bedeutung von KI entspricht einem Preisrückgang bei Prognosen. Und da Prognosen nun günstiger sind, werden sie vermehrt genutzt. 

Lassen Sie uns das Thema Prognosen vertiefen. Was ist prädiktive KI und welche greifbaren Beispiele können Sie nennen?

Prädiktive KI generiert anhand von eingegebenen Daten ein Ergebnis. Ein klassisches Beispiel: Wir sind imstande, anhand von Verkaufsdaten der letzten 20 Jahre die Verkaufszahlen im dritten Quartal des nächsten Jahres zu prognostizieren. Hierbei werden die historischen Daten ein- und die Verkaufsprognose ausgegeben. 

Weniger klassisch, lässt sich anhand der Pixel einer medizinischen Bildgebung prognostizieren, ob ein Tumor gut- oder bösartig ist. Hier sind die Pixeldaten die Eingabedaten und die Charakterisierung des Tumors ist das Ergebnis. Auch das ist eine Prognose. 

Anders als frühere, auf Statistiken beruhende Methoden kann künstliche Intelligenz multimodale Daten (z. B. Bilder, Videos, Sprache) und nicht nur Zahlen als Eingabedaten verarbeiten und Prognosen in Form von Bildern, Videos oder Sprache generieren. 

Wenn wir Probleme in Prognosen umsetzen, nutzen wir das gesamte Potenzial künstlicher Intelligenz.

- Ajay Agrawal

Prädiktive Analysen sind das Herzstück vieler verschiedener Innovationen. Wir sehen tagtäglich, wie künstliche Intelligenz das Autofahren, Übersetzungen, die Betrugserkennung, die Verteilung von Partikelgrößen, E-Mail-Antworten und Prüfungen verändert.

In einigen Branchen scheint die künstliche Intelligenz zur treibenden Kraft zu werden. Wie wirkt sich das auf Arbeitsplätze aus? Einige Personen sind besorgt, dass sie aufgrund der KI-Revolution ihren Job verlieren. Ist diese Sorge begründet?

Vor der Waschmaschine waren zwei Personen einen ganzen Tag lang mit der Wäsche beschäftigt. Heute dauert der Vorgang nur einen Bruchteil der Zeit und ist von einer Person zu erledigen. Trotzdem gab es keine Klagen, dass die Maschinen Arbeitsplätze wegnehmen würden. 

In gleicher Weise können wir Maschinen einen Teil unserer Aufgaben erledigen lassen. In der Berufswelt hängen viele davon mit der Entscheidungsfindung zusammen. Und jede Entscheidung besteht einerseits aus Prognosen und andererseits aus dem Bauchgefühl. Wenn wir den Maschinen die Prognosen überlassen, bleibt mehr Raum für Erfahrungen, Kenntnisse und Bauchgefühl. Darauf sollten sich Personen konzentrieren, um sich weiterzuentwickeln. 

Die künstliche Intelligenz kann mithilfe von Prognosen eine E-Mail verfassen oder eine Route von A nach B berechnen. Am Ende jedoch muss ein Mensch entscheiden, ob die E-Mail angemessen oder die Route sinnvoll ist. Die KI ist der Co-Pilot, der Assistent, kann aber nicht die Entscheidung treffen.

Welche Auswirkungen hat die KI auf die Mitarbeiterproduktivität und die Belegschaft im Allgemeinen? 

Als Computer auf den Markt kamen, konnten Personen mit ausgeprägten bestimmten Fähigkeiten unverhältnismäßig produktiver arbeiten. Die Folge war ein erheblicher Lohnunterschied. Künstliche Intelligenz scheint das Gegenteil zu bewirken. KI-gestützte Assistenten nutzen den weniger geschulten Arbeitskräften am meisten.

Nehmen wir das Beispiel Callcenter. Hier bekamen Mitarbeiter KI-generierte Empfehlungen dazu, wie sie dem Kunden am anderen Ende der Leitung bestmöglich weiterhelfen könnten. In einer Studie des MIT und der Stamford University kam heraus, dass die Mitarbeiter mit guten Leistungen weniger von den KI-generierten Empfehlungen profitierten, weil sie bereits wussten, wie sie dem Kunden helfen konnten. Die Mitarbeiter hingegen, die bislang keine so guten Leistungen zeigten, waren mit der Hilfe der KI-gestützten Tools beinahe imstande, die Leistungen spezialisierter Arbeitskräfte zu erreichen. 

Ein weiteres Alltagsbeispiel ist, dass sich Menschen mithilfe KI-gestützter Navigationssysteme auf dem Niveau eines erfahrenen Taxifahrers in Städten zurechtfinden können. Dies machte innovative Unternehmen wie Uber möglich. Vor Uber gab es ungefähr 200 000 Berufskraftfahrer mit Personenbeförderungsschein. Heute fahren 3 bis 4 Millionen Menschen für Uber. Wir sind an einem Punkt in der Geschichte angekommen, an dem die Veränderungen auf der Systemebene in mehreren Branchen sichtbar werden. 

Welche Innovationen in Bezug auf künstliche Intelligenz finden Sie besonders spannend? Mit welcher größeren Innovation rechnen Sie in der Zukunft und welche Auswirkungen auf das tägliche Leben können Sie sich vorstellen?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die KI in den kommenden zwei, drei Jahren den Weg vom Bildschirm in die reale Welt findet. Die aktuellen KI-gestützten Modelle können eine Abfolge von Wörtern auf einem Bildschirm prognostizieren. Die nächste Stufe besteht darin, dass Roboter bestimmte Aktionen prognostizieren, mit denen sie in der Summe einen Kaffee zubereiten oder ein Auto parken können.

Die größten Auswirkungen erwarte ich jedoch in der wissenschaftlichen Forschung. Es wird KI-Modelle geben, die eine Hypothese formulieren und testen können. Roboter werden mit der Durchführung eines Experiments beauftragt und die Versuchsergebnisse werden anschließend von der KI analysiert. Diese verändert die Hypothese und stößt ein weiteres Experiment an. In einigen Laboren ist dies in abgewandelter Form bereits Realität.

Wenn die KI für Erfindungen eingesetzt wird, sind zahlreiche neue Innovationen die Folge, von denen viele die Zivilisation weiterentwickeln können. 

- Ajay Agrawal

Das Gespräch über prädiktive KI fortführen

Noch mehr Erkenntnisse zu KI-gestützten Innovationen von Ajay Agrawal erhalten Sie in seinem On-demand-Webinar zu „Work Evolved“. Sie können sich ausführlich darüber informieren, was prädiktive KI ist und wie Unternehmen mit ihrer Hilfe effizienter arbeiten und neue, effektivere Arbeitsmethoden entwickeln können.

Sind Sie an KI-gestützten Innovationen bei Zoom interessiert? Erfahren Sie, wie Zoom AI Companion, unser KI-gestützter Assistent Ihren Arbeitsalltag verbessern kann.

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